Leserbrief zu “Schöner Laufen”

Hier ein Leserbrief von mir zum Artikel “Schöner Laufen” im Zeitmagazin Nr. 30 vom 22.7.2010

Liebes Zeitmagazin,

es ist doch lustig, da bringt ihr einen Artikel über Laufstrecken in Deutschland, und gleich die erste bei Nienhagen ist mir wohl bekannt. Vor zwei Jahren machten meine Freundin und ich eine ausgedehnte Fahrradreise entlang der Ostseeküste. Diese sollte uns von Wismar bis nach Stralsund führen, mit allem was man so braucht verstaut in wunderbar praktischen Satteltaschen von Ortlieb (sehr zu empfehlen!).

Diese Reise ist uns beiden in sehr guter Erinnerung geblieben, nur ein Ereignis hat die Freude ein wenig getrübt. Genau an der Grenze des Gespensterwaldes, in Richtung Nienhagen, ist es passiert. Uns kam eine Gruppe von Ausflüglern entgegen, offenbar das Berufsleben schon hinter sich gelassen. Voran fuhr eine ältere Dame, die sich pflichtbewusst nach hinten wandte um ihre Nachfolger vor dem Gegenverkehr zu warnen. Dies war aber vollkommen unnötig, weil sie sich schon um uns, besagten Gegenverkehr gekümmert hatte. Ihr Vorderrad traf mein Pedal und brachte mich zum Stehen. Dummerweise blieb zuerst mein Hinterreifen stehen, und dann fünf Zentimeter weiter Rechts, der Rest des Fahrrades. In Fachkreisen nennt man das wohl eine amtliche Acht.

Das ganze Ausmaß der Begegnung wurde mir aber erst klar, als wir weiterfahren wollten. Dies war nämlich vollkommen unmöglich, und die Ausflugsgruppe war schon weitergefahren. Unter größer werdendem Fluchen schob ich mein Fahrrad nach Nienhagen, wo ein Fahrradverleih sein sollte der – eventuell – auch ein Fahrrad reparieren könnte. Wir fanden ihn, aber niemanden der sich des Fahrrads annehmen konnte. Auch ein kleiner Fahrradladen im Ort war geschlossen, der Inhaber telefonisch zwar erreichbar aber er sah sich nicht in der Lage zu helfen.

Also schoben wir weiter, zum nächsten Fahrradhändler, in Elmenhorst/Lichtenhagen. Die sechs Kilometer fühlten sich in der Hitze nach mehr an, und auch dort war erst keine Hoffnung zu finden. Drei bis vier Tage sollte die Reparatur dauern, womit der Urlaub an Ort und Stelle beendet gewesen wäre. Aber der Auszubildende fasste sich anhand unserer Geschichte ein Herz, und nahm sich meines Fahrrades an. Flink war eine neue Felge eingespeicht, und er zischte an uns vorbei zur Probefahrt. Er musste sich sogar noch eine Standpauke seines Chefs anhören, weil eine andere Reparatur dafür liegengeblieben war.

Schlussendlich konnten wir aber mit ein paar Stunden Verzögerung unsere Fahrt fortsetzen, und während unserer Wartezeit noch die Personalien der von ihrem Ausflug zurückkehrenden Unfallgegnerin erfahren. Die Reparatur wurde von ihr bezahlt, und unsere Tagestour führte uns noch bis Markgrafenheide.

Den Abschnitt zwischen Diedrichshagen und Nienhagen haben wir erst im folgenden Jahr kennengelernt, in dem wir die Strecke in entgegengesetzter Richtung gefahren sind, dieses Mal ohne Unfälle.

Dieser Artikel wurde inspiriert von Merlin Mann’s Artikel “Making the Clackity Noise”

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